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Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit trotz wirksamer Eigenbedarfskündigung

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Widerspricht ein Mieter aufgrund von Härtegründen der wirksamen Eigenbedarfskündigung des Vermieters, so müssen die Nachteile des Mieters dergestalt sein, dass sie „nicht zu rechtfertigen“ sind. Hierbei ist eine Interessenabwägung der beiden Parteien vorzunehmen, wobei die Eigentumsgarantie des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1, S. 1 GG bereits wegen des objektiven Rücksichtnahmegebots aus Art. 14 Abs. 2 GG hinter das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2, S. 1 GG zurücktritt. So entschied auch das Amtsgericht Köln in seinem Urteil vom 21.03.2025 (Az.: 211 C 152/23), dass ein Mietverhältnis trotz vorliegender Eigenbedarfskündigung auf unbestimmte Zeit fortzusetzen ist, wenn auf Seiten des Mieters ein erheblicher Härtegrund vorliegt.

Sachverhalt

Mit Schreiben vom 12.01.2021 kündigte der Vermieter dem Mieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarf zum 01.08.2022. Er gab an, spätestens zum 01.09.2022 selbst einziehen zu wollen und bot dem Mieter eine Auszugsentschädigung in Höhe von 15.000 EUR an. Mit Schreiben vom 27.02.2023 widersprach der Mieter der Kündigung und machte geltend, dass ein Umzug für ihn und seine Ehefrau eine unzumutbare Härte nach § 573 BGB darstelle. Trotz intensiver Bemühungen habe sich kein vergleichbarer Ersatzwohnraum finden lassen. Zudem sei er schwer erkrankt und die Wohnung sei über Jahrzehnte hinweg zu seinem Lebensmittelpunkt geworden, sodass ein Umzug seinen Gesundheitszustand erheblich verschlechtern würde. Mit seiner Klage begehrte der Vermieter die Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung seitens der Mieter.  

Entscheidung des Gerichts

Ohne Erfolg! Dem Vermieter stand ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gegen den Mieter unter keinen Gesichtspunkten zu, da das Mietverhältnis gemäß §§ 574a Abs. 1, 2, 574 BGB auf unbestimmte Zeit fortzusetzen war.

Zwar war die ordentliche Eigenbedarfskündigung des Vermieters begründet und entsprach auch den gesetzlichen Formvorgaben, jedoch konnte der Mieter eine unzumutbare Härte gemäß § 574 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB geltend machen. Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Unter einer „Härte“ im Sinne des § 574 BGB sind alle Nachteile wirtschaftlicher, finanzieller, gesundheitlicher, familiärer oder persönlicher Art zu verstehen, die infolge der Vertragsbeendigung auftreten können. Die Nachteile müssen jedoch dergestalt sein, dass sie „nicht zu rechtfertigen“ sind. Belastungen die typischerweise mit einer Kündigung einhergehen muss der Mieter grundsätzlich hinnehmen. Das Gericht stellte fest, dass die Vertragsbeendigung und die damit einhergehenden Belastungen im vorliegenden Fall eine ernsthafte Gefahr begründen, dass die bereits schlechte gesundheitliche Situation des Mieters sich erheblich bis lebensbedrohlich verschlechtern würde.

Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung stellte das Gericht fest, dass die persönlichen und gesundheitlichen Belange des Mieters das Interesse des Vermieters an der Eigennutzung deutlich überwiegen. Der Vermieter berief sich auf die Notwendigkeit die Wohnung zur Ausübung seines Berufes zu nutzen, da er ansonsten weite Pendelstrecken und Übernachtungen im Wohnwagen in Kauf nehmen müsse. Dennoch wog diese Belastung des Vermieters weniger gegenüber den gesundheitlichen Risiken des Mieters. Die verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsgarantie des Vermieters aus Art. 14 I GG trat hier hinter dem objektiven Rücksichtnahmegebot aus Art. 14 II GG hinter das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zurück. Ein anderes Ergebnis folgte auch nicht dadurch, dass der Vermieter die Wohnung für seine Berufsausübung benötigte und damit der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG berührt wurde. Denn auch unter dieser Berücksichtigung wog das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit des Mieters schwerer als die Anstrengungen und Einbußen, die dem Vermieter zur Last fallen würden.

Da ein lebenslanges Räumungshindernis vorlag, wurde das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortzusetzen.

Bedeutung für die Praxis

Selbst bei berechtigtem Eigenbedarf können schwerwiegende persönliche oder gesundheitliche Gründe eine Kündigung unwirksam machen. Wichtig ist dabei, dass der Widerspruch form- und fristgerecht nach § 574b BGB wie auch mit ärztlichen Attesten und Nachweisen erfolgt.

Ein Eigenbedarf muss sorgfältig begründet werden und kann nicht grenzenlos durchgesetzt werden. Besonders bei langjährigen Mietverhältnissen und gesundheitlich eingeschränkten Mietern ist eine detaillierte Interessenabwägung erforderlich. So schützt das Mietrecht in Härtefällen den Mieter stärker gegenüber berechtigtem Eigenbedarf.

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Kreisbild Fabian Bagusche
Fabian Bagusche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und 
Wohnungseigentumsrecht 
 
 

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