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Das Gesetz ermöglicht hierzu dem Mieter den zumindest vorübergehenden Verbleib in der Wohnung nur dann, wenn ein Härtefall vorliegt und das Interesse des Mieters zeitweise in der Wohnung zu verbleiben, gegenüber dem Interesse des Vermieters, die Wohnung selbst zu nutzen, überwiegt. Dies erfordert jedoch eine Härtefallprüfung in gebotener Tiefe. Denn für Mieter und auch Vermieter sind Grundrechtsgüter, darunter das Recht auf Eigentum des Vermieters sowie das Recht auf Gesundheit seitens des Mieters von dem Gericht zu berücksichtigen.
Mieter Härtefalleinwand: Pflege eines schwerstbehinderten Kindes und geeigneter Ersatzwohnraum sei nicht zu finden
Im Fall vor dem BGH stritten die Mieterin und Vermieter um die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung. Die Mieterin bewohnte gemeinsam mit ihrer geistig und körperlich schwerstbehinderten und pflegebedürftigen Tochter ein Einfamilienhaus. Der Vermieter hatte das Mietverhältnis gekündigt, weil er selbst in beengten Verhältnissen wohne und beabsichtigte zusammen mit seiner Ehefrau und den Kindern, in das von der Mieterin bewohnte Einfamilienhaus einzuziehen. Die Mieterin widersprach die Eigenbedarfskündigung auf Grundlage dessen, dass ein etwaiger Umzug im Hinblick auf ihre kranke Tochter eine unzumutbare Härte bedeuten würde und sie zudem geeigneter Ersatzwohnraum aufgrund ihrer eingeschränkten finanziellen Verhältnisse, bislang nicht finden konnte. Beide Parteien wurden sich nicht einig, woraufhin der Vermieter Räumungsklage erhob.
Einwand der Härtegründe sind mangels substantiierten Sachvortrages nicht einschlägig
Vor dem BGH (Beschl. v. 08.02.2022, VIII ZR 182/21) bekam der Vermieter Recht. Das Gericht verneinte einen Anspruch der Mieterin auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nach §§ 574, 574 a BGB. Das Gericht war der Auffassung, dass die Kündigung wegen Eigenbedarf wirksam war. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den gesundheitlichen Auswirkungen eines Umzuges der Tochter der Mieterin und zu den medizinischen Anforderungen an eine Ersatzwohnung wurde festgestellt, dass bei einem Umzug in eine geeignete Ersatzwohnung eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Tochter der Mieterin nicht zu erwarten sei. Zudem habe die Mieterin im Hinblick auf den weiter geltend gemachten Härtegrund nach § 574 Abs.2 BGB, trotz richterlicher Hinweise, nicht substantiiert dargelegt, dass sie ihrer Obliegenheit, sich ernsthaft und nachhaltig um angemessenen Ersatzwohnraum zu bemühen, nachgekommen sei. Der Sachvortrag der Mieterin war so unpräzise und lückenhaft, dass dieser vom Gericht bei der Entscheidungsfindung nicht mitberücksichtigt werden durfte. Ohne konkrete Feststellungen zu den Folgen eines erzwungenen Wohnungswechsels sei nämlich hier keine Härte nach § 574 BGB anzunehmen.
Anforderungen an die Substantiierung des Sachvortrages im Falle eines Härteeinwands
Gemäß § 574 BGB kann der Mieter der Kündigung des Vermieters widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Eigenbedarfskündigung für den Mieter selbst oder seiner Familienangehörigen seines Haushaltes eine Härte bedeuten würde, die unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.
Ob ein Härtefall vorliegt, hängt stets vom Einzelfall ab. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Härte“ erfasst hierbei alle Nachteile, sei es wirtschaftlicher, finanzieller, gesundheitlicher, familiärer oder persönlicher Art, die infolge der Beendigung des Mietverhältnisses auftreten könnten. Hierzu kann auch das Fehlen von angemessenem Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen (Abs.2 BGB) oder das Vorliegen einer körperlichen beziehungsweise geistigen Behinderung sein. Der Eintritt muss nicht mit absoluter Sicherheit feststehen, sondern es genügt, wenn solche Nachteile mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind (vgl. BVerfG NZM 2015, 161; LG München BeckRS 2016, 124265). Eine lediglich theoretische Möglichkeit des Eintritts von Nachteilen reicht jedoch nicht aus. Vielmehr muss der Mieter ganz konkret darlegen, warum gerade bei dem Mieter oder dessen Familienangehörigen seines Haushaltes eine ernsthafte Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zu befürchten ist.
Bei einem Härtefalleinwand ist der Mieter darlegungs- und beweisbelastet
Die fehlende Beschaffbarkeit eines Ersatzwohnraumes setzt voraus, dass der Mieter außerstande ist, sich bis zum Ablauf der Räumungsfrist eine Ersatzwohnung zu beschaffen. Es obliegt ihm, alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zum Erlangen einer Ersatzwohnung zu ergreifen und darzulegen, welche Maßnahmen er ergriffen hat und warum er keine angemessene Wohnung finden konnte. Dies hat der Mieter konkret dem Gericht vorzutragen und zu belegen. Hierbei sind ebenfalls die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters mit zu berücksichtigen. Im Prozess hat der Richter dann auf den entsprechenden Sachvortrag des darlegungs- und beweisbelasteten Mieters konkrete Feststellungen dazu zu treffen, welcher Ersatzwohnraum für den Mieter nach seinen finanziellen und persönlichen Verhältnissen angemessen ist, welche Bemühungen von dem Mieter nach diesen Verhältnissen anzustellen sind und ob er diesen Anstrengungen genügt hat (vgl. Schmidt- Futterer, Mietrecht Rn. 28-30, 15. Auflage 2021). Auch hat der Mieter konkret darzulegen, dass in der näheren Umgebung der bisherigen Wohnung keine angemessene und zumutbare Ersatzwohnung zu finden ist. Der Mieter muss hierzu konkret darlegen, welche Stadtteile in die Suche einbezogen worden sind, wann die Anmietbemühungen aufgenommen wurden und warum die Anmietung der aufgeführten Wohnungen nicht möglich, beziehungsweise nicht zumutbar war. Keinesfalls ausreichend ist es, wenn sich der Mieter nur auf die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt beruft.
Umfassende Sachverhaltsaufklärung ermöglicht die Abwehr der Eigenbedarfskündigung
Eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters abzuwehren, ist folglich keine leichte Aufgabe für den Mieter. Die möglichen Grundrechtsbeeinträchtigungen des Mieters und Vermieters machen eine umfassende Sachverhaltsaufklärung zwingend notwendig. Erst auf dieser Grundlage kann der Richter die Interessen der beiden Parteien besonders sorgfältig abwägen.
Dies bedeutet, dass der Mieter im Streitfall darlegen und beweisen muss, dass er ab Zugang der Kündigung alle erforderlichen und zumutbaren Schritte zur Erlangung einer Ersatzwohnung unternommen hat. Dabei muss der Mieter gewisse Verschlechterungen in Kauf nehmen und darf die Ersatzwohnraumsuche grundsätzlich nicht auf das bisherige Wohngebiet beschränken. Dem Mieter ist daher zu empfehlen, für die Tatsachen, die einen Härtefall begründen sollen, frühzeitig Beweis anzubieten. Dies erfolgt durch einen substantiierten Vortrag und erfordert in aller Regel, dass der Mieter die Wohnungsangebote in der Presse oder Online Wohnungsportalen verfolgt und mit den betreffenden Anbietern Kontakt aufnimmt. Es ist empfehlenswert, dass der Mieter hierzu Aufzeichnungen fertig, damit er die Erfüllung der Obliegenheit zur Ersatzwohnraumsuche beweisen kann.
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