0221 1680 65 60
Außerordentliche Kündigung bei Verzug aus einer Nebenkostenabrechnung
Nachzahlungsforderungen aus Betriebskostenabrechnungen gehören nicht ohne weiteres zur (laufend zu zahlenden) Miete, so dass ein Verzug aus einer Nebenkostenabrechnung eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 543 II 1 Nr. 3 BGB grundsätzlich nicht rechtfertigen kann.
Mit Urteil vom 20.12.2024 entschied das AG Brandenburg (Az.: 33 C 33/24) gleichwohl, dass eine Rückstandhöhe von mindestens zwei Monatsmieten eine fristlose Kündigung nach § 543 I BGB rechtfertigen kann.
Sachverhalt
Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mit seinem Mieter, da dieser die Nachzahlungen aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2020, 2021 und 2022 nicht leistete und einen Betrag iHv 1.735,89 EUR schuldete. Trotz mehrerer Mahnungen und einem fruchtlosen Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist blieb die Zahlung aus, woraufhin der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich fristlos sowie hilfsweise ordentlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt kündigte.
Der Mieter argumentierte, dass diese Kündigungen unwirksam seien, da rückständige Betriebskostennachzahlungen nicht zur Kündigung berechtigen würden.
Entscheidung des Gerichts
Dem Vermieter stand gegenüber dem Mieter ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zu. Das bestehende Mietverhältnis wurde durch die Kündigungen des Vermieters rechtswirksam beendet. Alle drei ausgesprochenen Kündigungen waren formell und inhaltlich wirksam und entsprachen auch den Anforderungen des § 596 IV BGB. Der Vermieter hatte den Kündigungsgrund in hinreichender Weise angegeben und die rückständige Summe genau beziffert, sodass der Mieter die Berechtigung der Kündigung nachvollziehen konnte.
Nach § 543 II Nr. 3 BGB kann ein Vermieter das Mietverhältnis kündigen, wenn sich der Mieter mit zwei aufeinander folgenden Mieten in Verzug befindet oder wenn sich der Rückstand über mehrere Monate hinweg auf mindestens zwei Monatsmieten summiert.
Grundsätzlich zählen Nachzahlungsforderungen aus einer Betriebskostenabrechnungen nicht zur Miete, sodass eine fristlose Kündigung nicht automatisch gerechtfertigt ist.
Allerdings hat der BGH entschieden, dass auch die Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen in Höhe von zwei Monatsmieten eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen und derartige Nachforderung auch als wiederkehrende Leistung iSv § 216 BGB gelten. Für die analoge Anwendung des § 543 II 1 Nr. 3 BGB spricht bei einer Kündigung nach § 543 I BGB zudem, dass bei der Vereinbarung von Vorauszahlungen auf Betriebskosten – wie sich aus § 556 III BGB ergibt – eine Jahresmiete geschuldet wird, deren Höhe der Vermieter durch Vorlage der Betriebskostenabrechnung bestimmt. So kann ein derartiger Verzug bezüglich der Betriebskostennachzahlung auch eine fristlose Kündigung nach § 543 I BGB rechtfertigen, sofern eine Interessenabwägung zugunsten des Vermieters ausfällt.
Vorliegend standen Betriebskostennachforderungen in Höhe von insgesamt 1.735,89 EUR zur Zahlung offen, was mehr als zwei Monatsmieten entsprach. In dem Schreiben vom 12.10.2022 forderte der Vermieter den Mieter unter Fristsetzung zur Zahlung der Rückstände auf, so dass auch die erforderliche Abmahnung iSd § 543 III BGB vorlag. Der Mieter war damit vorgewarnt, dass eine Kündigung drohe, falls er nicht innerhalb der Frist zahle. Aus diesem Grunde war der Vermieter hier somit auch zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses gem. § 543 I BGB berechtigt, da der Mieter zumindest in dieser Höhe in Verzug geraten war und ein diesbezüglicher Zahlungsrückstand im Übrigen auch noch bei Klageerhebung bestanden hat.
Zwar hätte die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gegebenenfalls durch eine rechtzeitige Zahlung des Vermieters innerhalb der Schonfrist des § 569 III Nr. 2 S. 1 BGB unwirksam werden können, jedoch erfolgte eine solche Zahlung nicht. Damit blieb die fristlose Kündigung wirksam. Zudem wäre das Mietverhältnis auch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Vermieters nach § 573 II Nr. 1 BGB beendet worden.
Der Mieter lebte bereits seit 15 Jahren in der streitbefangenen Wohnung, was ihn grundsätzlich schutzwürdig machte, insbesondere hinsichtlich des angespannten Wohnungsmarktes. Allerdings hatte er seine Kündigung selbst zu vertreten, weshalb diese Umstände lediglich bei Bemessung der Räumungsfrist nach § 721 ZPO Berücksichtigung fanden.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil verdeutlicht, dass Mieter ihre Zahlungspflichten ernst nehmen sollten. Auch wenn Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen nicht unmittelbar mit der Miete gleichzusetzen sind, kann ein erheblicher Rückstand eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
Vermieter sollten sich dennoch bewusst darüber sein, dass eine fristlose Kündigung wegen eines Zahlungsrückstands von Nebenkostenabrechnungen nicht in jedem Fall gerechtfertigt ist. Es muss ein Betrag von mindestens zwei Monatsmieten erreicht sein und der Vermieter sollte dem Mieter zunächst Zahlungsaufforderungen zukommen lassen.
Kommt der Mieter den Aufforderungen nicht nach, kann in bestimmten Fällen eine fristlose Kündigung hilfsweise mit einer ordentlichen Kündigung ausgesprochen werden.

0221 1680 65 99