Mehr Infos

Der Eintrag "offcanvas-col1" existiert leider nicht.

Der Eintrag "offcanvas-col2" existiert leider nicht.

Der Eintrag "offcanvas-col3" existiert leider nicht.

Der Eintrag "offcanvas-col4" existiert leider nicht.

Kein Eigenbedarf bei Suizidgefahr des Mieters

von

Im Jahr 2017 hatte der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs gekündigt. Der Vermieter beabsichtigte die Wohnung der Mieterin für sich und dessen Lebenspartner unter baulicher Zusammenlegung zweier Mietwohnungen zu nutzen. Die Mieterin legte daraufhin Widerspruch gegen die Kündigung ein und berief sich auf die Härtefallregelung des § 574 BGB. Die Mieterin verwies dabei auf eine bei ihrer diagnostizierten schweren rezidivierenden Depression mit Suizidgefahr. Einen Auszug aus ihrer Wohnung könne sie psychisch nicht verkraften, so die Mieterin. Der Vermieter bot der Mieterin als Alternative den Bezug einer Ersatzwohnung im selben Mietshaus an. Die Mieterin lehnte das Angebot des Vermieters ab. Daraufhin erhob der Vermieter Räumungsklage vor dem zuständigen Amtsgericht.

Die konkrete Gefahr eines Suizids der Mieterin schließt eine Kündigung wegen Eigenbedarfs aus

Ohne Erfolg! Der Fall ging furch alle Instanzen. Der BGH hat mit seinem Urteil letztinstanzlich die konkrete Gefahr eines Suizids der Mieterin im Fall einer Kündigung des Mietverhältnisses als Härtefall im Sinne des § 574 BGB anerkannt, der eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausschließt. Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Mieterin mental so stark auf ihre Wohnung fixiert sei, dass im Fall einer Verurteilung zur Räumung, eine konkrete Suizidgefahr bestehe.

Gemäß § 574 BGB kann ein Mieter der Kündigung des Vermieters widersprechen und von diesem die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einem anderen Angehörigen seines Haushaltes eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Der BGH hat hier in seiner Entscheidung eine Abwägung des Mieterinteresses am Erhalt der Mietwohnung mit den Interessen des Vermieters, seine grundrechtlich geschützte Eigentumsgarantie, Art 14 Abs.1 GG, durchgeführt.

Durch die Räumung entsteht eine Gefahr für den Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit i.S.d. Art. 2 Abs.2 GG

Der BGH befasste sich ausführlich mit der Frage, ob die besondere Härte dadurch entfällt, dass die Mieterin die Behandlung ihrer krankhaften psychischen Fixierung mithilfe einer stationären Therapie ablehnt. Dabei kam der BGH zu dem Schluss, dass die Annahme eines solchen Therapieangebots durch die Mieterin infolge ihrer auch durch die depressive Erkrankung bedingten mangelnden Einsichtsfähigkeit in ihrer Therapiebedürftigkeit nicht zu erwarten sei. Die Suizidgefahr sei damit realistisch nicht zu beseitigen. Es wurde der Mieterin bescheinigt, dass die Mietwohnung der einzig stabile Faktor in ihrer Lebenssituation sei und der Wegfall der Mietwohnung eine konkrete Suizidgefährdung beinhalte. Der BGH kam folglich zu der Überzeugung, dass durch die Räumung der Wohnung eine sittenwidrige Härte, insbesondere eine Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit entsteht. 

Das in Art. 2 Abs.2 GG verankerte Gebot zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit gilt auch dann, wenn der Mieter unfähig ist, aus eigener Kraft oder mit zumutbarer fremder Hilfe die Konfliktsituation angemessen zu beseitigen. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser Unfähigkeit Krankheitswert zukommt oder nicht.

Angebot einer Ersatzwohnung schließt Härtefall nicht grundsätzlich aus

Hinsichtlich der ablehnenden Haltung der Mieterin gegenüber dem Angebot einer Ersatzwohnung im selben Mietshaus kann bei der Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter das Angebot einer gleichwertigen Ersatzwohnung zwar ins Gewicht fallen. Allerdings sei eine solche Interessenabwägung nicht schematisch, sondern immer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, so das erkennende Gericht. Das Anbieten einer Ersatzwohnung führe nicht in jedem Fall zu einer Rechtfertigung der Eigenbedarfskündigung.

Die psychische Erkrankung der Mieterin im konkreten Fall führte letztlich dazu, dass das Angebot des Vermieters ungeeignet ist, die Suizidgefahr zu beseitigen. Unangemessen hohe Anforderungen an das Vorliegen einer unzumutbaren Härte dürfen gerade nicht gestellt werden. Ebenfalls konnte die Mieterin nicht ohne weiteres darauf verwiesen werden, dass ein Umzug mit entsprechender therapeutischer Begleitung bewerkstelligt werden kann.

Es besteht ein Fortbestand des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit

Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und in Abwägung der beiderseitigen Interessen kam der BGH zu dem Ergebnis, dass die Mieterin zu Recht der Eigenbedarfskündigung widersprochen hat und das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortbesteht. Die potentiellen körperlichen Folgen für die Mieterin aufgrund ihrer Erkrankung, verbunden mit den ungewissen Erfolgsaussichten einer Besserung, führen bei Abwägung der gegenläufigen Interessen dazu, dass ein erzwungener Wohnungswechsel der Mieterin nicht zugemutet werden kann. Dies trifft insbesondere dann zu, sofern dem Vermieter dadurch keine existenzdrohenden Umstände entstünden.

Suizidgefahr muss dem Gericht mittels Nachweise unter Beweis gestellt werden

Wie so oft gilt, dass die zu treffende Entscheidung in Abwägungsfällen stets eine Einzelfallentscheidung bedarf. Ist ein Mieter wegen einer Krankheit an der Räumung der Wohnung gehindert, so kann dieser Umstand einen Härtegrund darstellen. Dies gilt sowohl für körperliche als auch seelische Erkrankungen. Im Rahmen einer Härtefallprüfung muss dann berücksichtigt werden, ob und inwieweit die für den Mieter belastenden Umzugsfolgen durch begleitende ärztliche oder therapeutische Behandlungen mindern ließen. Droht sich der psychische Zustand eines Mieters durch eine Eigenbedarfskündigung dermaßen zu verschlechtern, dass ein Suizid des Mieters nicht ausgeschlossen werden kann, kann auch dieser Umstand einen Härtefall begründen. Um aber den suizidgefährdeten Mieter den Erhalt der Mietwohnung zu sichern, muss die Suizidgefahr durch Vorlage entsprechender fachärztlicher Atteste in dem Rechtsstreit eingeführt werden.

Sie benötigen anwaltliche Unterstützung im Zusammenhang mit einer Eigenbedarfskündigung? Rufen Sie uns gerne in Köln an unter 0221 / 1680 6560 oder vereinbaren Sie hier direkt einen Erstberatungstermin! Als Anwalt für Mietrecht in Köln stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. 

Zurück

Kreisbild Fabian Bagusche
Fabian Bagusche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und 
Wohnungseigentumsrecht 
 
 

0221 1680 65 60

0221 1680 65 99

Copyright 2024 Bagusche & Partner Rechtsanwälte mbB. Alle Rechte vorbehalten
Es werden notwendige Cookies, Google Fonts, Google Maps, OpenStreetMap, Youtube und Google Analytics geladen. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung und unserem Impressum.